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BROT – ursprünglich oder Hightech

ACHTUNG – Filmstart in den Mai verlegt!

 

Die Freien Bäcker Zeit für Verantwortung e.V. haben einen interessanten Beitrag zu technischen Enzymen verfasst, der sehr lesenswert ist!

Bei uns als zertifiziertem Mitglied der Freien Bäcker bekommen Sie selbstverständlich Brot in seiner ursprünglichen Form!

Den Beitrag zitieren wir hier in leicht gekürzter Form, den ganzen Bericht können Sie aber auf der website der Freien Bäcker jederzeit nachlesen, inklusvive der Quellenangaben.

Ursprünglich

Brot – gehört im deutschsprachigen Raum zu den geschätzten, traditionellen Lebensmitteln. Wie kaum ein anderes bewegt es – verbunden mit verschiedensten Emotionen – die Gemüter.

Brot ist ursprünglich. STOPP! Brot kann ursprünglich sein.

Ursprünglich bedeutet sinngemäß: wie schon immer, unverändert, authentisch, echt, unverfälscht, wahr, naturbelassen, … ohne weitere Zutaten. Genau das trifft es: Ohne weitere Zutaten!

Brot, ursprüngliche hergestellt, besteht aus drei Grundzutaten: Wasser, Getreide und Salz. [Möglicherweise – zur Unterstützung des Sauerteiges – wird noch ein wenig Hefe zum Teig gegeben. Doch darüber lässt sich unter Handwerks- und Hobbybäcker*innen bereits trefflich debattieren.]

Vier wichtige „Zutaten“ sind noch zu nennen, ohne die im Zweifelsfall nur Brei statt Brot entsteht. Gutes, ursprüngliches Brot braucht: Zeit, Wissen, handwerkliches Geschick und – wenn es nach den Vorstellung der Freien Bäcker*innen geht – Verantwortung für eine enkeltaugliche Prozesskette vom Saatgut bis zum gut ausgebackenen Brot.

Hightech Brot

Der Begriff ‚Hightech‘ steht gemeinhin für Fortschritt. Bedeutet Fortschritt zwangsläufig eine grundlegende Verbesserung?

Fortschritt im Bereich Wirtschaft – wozu auch die Herstellung und der Handel von Brot gehört – wird infolge der vorherrschenden Denkweise mit Produktivitätswachstum gleichgesetzt. Also mit der Steigerung des Outputs (z.B. von Broten) pro aufgewendeter Einheit (Zeit, Arbeit, Kapital). Das „spart“ unabwendbar menschliche Arbeitskraft und steigert die Wettbewerbsfähigkeit.

Produktivitätszuwachs steht als Leitmotiv auch hinter dem Einsatz technischer Enzyme bei der Herstellung von Brot oder Kleingebäck. Verkauft wird die Verwendung dieser unsichtbaren Alleskönner selbstverständlich mit gefälligeren, zeitgemäßen Argumenten. Dazu später.

Auf welchem Weg gelangen technische Enzyme in Teig und Gebäck?

Entweder werden Mehle bereits in den Mühlen mit technischen Enzymen behandelt oder sie sind Bestandteil von Vormischungen oder Backmitteln. Seit Zusatzstoffe mit einer E-Nummer bei den Verbraucher*innen in Verruf geraten sind, ist der Einsatz von nicht deklarierungspflichtigen, sogenannten ‚Clean Label‘ Backmitteln, deutlich angestiegen. In der Regel beinhalten solche Backmittel technische Enzyme. [Eine Erklärung zu ‚technischen Enzyme‘ siehe Hintergrundinfo Enzyme]

Müssen technische Enzyme gekennzeichnet werden?

Der allgemeinen Auffassung nach werden Enzyme in der Backwarenherstellung als „technische Verarbeitungshilfsstoffe“ verwendet. Als solche sind sie nach der Verordnung (EG) Nr. 1332/2008 nicht kennzeichnungspflichtig. Bisher wurde davon ausgegangen, dass technische Enzyme im Endprodukt keine technologische Funktion mehr erfüllen, auch da die hohen Temperaturen diese beim Backprozess inaktivieren. Eine Kennzeichnung – als Zusatzstoff oder Zutat – ist somit nicht erforderlich und vorgesehen.

Nach dem Backprozess sind Restaktivitäten technischer Enzyme nachweisbar

Nun wurden Ende November 2019 die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie veröffentlicht, bei der die Restaktivität maltogener Amylase in Weißbrot untersucht wurde. Die wesentliche Kernaussage des Forschungsprojektes lautet: Maltogene Amylase von Geobacillus stearothermophilus widersteht dem Backprozess von Weißbrot.

Technische Enzyme, die bei Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt werden, sollten generell deklarationspflichtig sein!

Für diese Forderung gibt es aus Sicht des Die Verein Bäcker e.V. mindestens drei Argumente:

Der Verwendung von technischen  Enzymen ist irreführend

In der VERORDNUNG (EG) Nr. 1332/2008 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelenzyme steht unter Punkt (6): „…ihre Verwendung darf die Verbraucher nicht irreführen. Die Irreführung der Verbraucher kann sich unter anderem aus folgenden Aspekten ergeben: Art und Frischegrad eines Erzeugnisses, Qualität der verwendeten Zutaten, Naturbelassenheit eines Erzeugnisses bzw. Natürlichkeit des Herstellungsverfahrens ….“

Jedoch… Haben technische Enzyme, die beispielsweise eine Verlängerung der Brotfrischhaltung bis zu 15 Tage bewirken, nicht ganz offensichtlich eine technologische Funktion im Endprodukt?

Hier die Beschreibung der Eigenschaften eines exemplarischen Enzym-Produktes: ‚Sternzym Fresh‘, verlängert laut Angaben der SternEnzym GmbH & Co. KG (einem Unternehmen der Stern-Wywiol Gruppe) die Frischhaltung von Brot bis zu 15 Tage:  „Der Verbraucher bewertet die Textur im Praxistest – durch Fühlen und Drücken. Damit sind die Krumenfrische und Elastizität die entscheidenden Kaufkriterien. Ein qualitativ  hochwertiges  Brot  mit  ansprechender  Frische  wird  auch Tage nach der Produktion ausgewählt. Damit  können  das  Mindesthaltbarkeitsdatum  und  das  Serviceintervall  am  Regal  verlängert  sowie  der  Rücklauf  altbackener Ware reduziert werden.“

Wie war das mit der Irreführung beim Aspekt der „Art und Frischhaltung eines Erzeugnisses“?

Restaktivitäten technischer Enzyme in Brot und Backwaren

Da technische Enzyme in verzehrfertigen Gebäcken nachweislich Restaktivitäten aufweisen, ist auch die Annahme widerlegt, dass diese durch den Backprozess inaktiviert werden. Dadurch ergeben sich aus unserer Sicht nicht kalkulierbare gesundheitliche Risiken – für die Anwender*innen sowie die Menschen, die diese Gebäcke verzehren. Grundsätzlich wäre in Bezug auf technische Enzyme, die bei der Lebensmittelherstellung Verwendung finden, eine unabhängige Risikoforschung wünschenswert.

Zum Schluss die gute Nachricht und der Werbeblock in eigener Sache 😉

Ein kleiner aber wachsender Kreis von Handwerks-Bäckern und Bäckerinnen verzichtet auf die Vielzahl der erlaubten Backmittel und die „kleinen Alleskönner“ aus den Laboren der Biotechnologen. Die Freien Bäcker e.V. haben ‚Grundregeln für die handwerkliche Herstellung von Brot und Backwaren‘ aufgestellt. Dazu gehört auch, dass technische Enzyme nicht verwendet werden dürfen. In erster Linie haben wir uns dafür entschieden, weil wir Bäcker*innen geworden sind, um unser Handwerk wirklich zu beherrschen und bei unserer Arbeit Sinn und Bestätigung unseres Könnens zu erfahren. Unsere Souveränität und Unabhängigkeit wollen wir uns nicht von Hilfsmitteln industrieller Herstellungsprozesse nehmen lassen. Statt uns auf standardisierte Hochleistungsmehle und designte Enzym-Compounds zu verlassen setzen wir auf handwerkliche Innovationen und entwickeln nachhaltige Prozesstechnik in Kooperation mit den Partner*innen unserer Wertschätzungskette weiter!

Die Argumentation, die Verwendung von Verarbeitungshilfsstoffen wie ‚technische Enzyme‘ sei notwendig, um Verbraucher*innen mit geringerem Einkommen „billige“ Brote und Backwaren anbieten zu können, betrachten wir als Verhöhnung und Irreführung eben dieser Menschen. Nicht zuletzt die Industrialisierung der Land- und Lebensmittelwirtschaft hat zu der Zerstörung regionaler Strukturen und der Vernichtung sinnstiftende Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und im Handwerk geführt.

Zu guter Letzt

Bäcker*innen sowie Konsumentinnen sollten bewusst und frei entscheiden können, ob ihr „täglich Brot“ ursprünglich oder als „Hightech-Produkt“ hergestellt wird.

Deshalb unsere Forderung:

Technische Enzyme müssen der Deklarationspflicht unterliegen!

Published by:
Ruth
in
Gastbeiträge, Warenkunde
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